Instagram – das Tor zur Sichtbarkeit, die Plattform für kreative Selbstverwirklichung, der Algorithmus als heimlicher Arbeitgeber. Wenn man sich selbstständig macht, heißt es: Zeig dich, teile dich, poste dich. Und zwar regelmäßig. Wer auf Social Media sichtbar ist, hat Erfolg. Oder?
Ich sehe das ein bisschen differenzierter. Und ich möchte ehrlich mit euch teilen, warum mir Instagram als Business-Tool inzwischen eher Bauchschmerzen als Begeisterung bereitet.
Einfach mal machen? Gar nicht so einfach, zumindest nicht für mich
Was viele so (scheinbar) locker aus dem Ärmel schütteln – mal eben was posten, spontan filmen, einfach machen – kostet mich oft unendlich viel Überwindung. Ich bin gelernte Mediengestalterin. Ich denke in Komposition, Farben, Schriften, Wirkung. Und ich bin leider auch: ziemlich perfektionistisch und verkopft.
Wenn ich etwas zeige, dann muss es irgendwie interessant aber vor allem gut sein. Durchdacht. Stimmig. Harmonisch. Ich sehe jeden Bildversatz, jede Unstimmigkeit im Schnitt. Oft fehlt mir dann die Zeit, es besser auszuarbeiten und das bremst mich – oft so sehr, dass ich lieber gar nichts poste, als etwas, das nicht zu 100 % meinen Ansprüchen entspricht. Das unperfekt völlig in Ordnung ist und sogar erwünscht, weiß ich. Und das würde ich sogar genauso auch jedem/r anderen empfehlen. Aber ICH stehe mir da für meine eigenen Zwecke absolut selbst im Weg. Das kennt der ein oder andere vielleicht auch von sich selbst 😉
Der Algorithmus als Energie-Räuber
In meiner Anfangszeit habe ich mich wirklich sehr darauf konzentriert, Instagram „richtig“ zu machen, dass ich mich fast darin verloren habe. Ich habe richtig viele Gedanken und Energie dort hinein investiert: Du musst heute noch was posten. Denk an die Story. Interagiere mehr. Versuch es mal mit einem Reel. Und ich hatte auch 80.000 Ideen, aber nie so richtig die Zeit gehabt, diese Ideen in meinem Kopf so umzusetzen, dass ich sie dann auch hätte posten wollen.
Ich habe meine Kraft bald mehr irgendeinem sich ständig entwickelnden Algorithmus gewidmet als meinen eigentlichen Aufgaben. Und dabei aus dem Blick verloren, worum es mir wirklich geht: echte Begegnungen, ehrliche Fotografie, kleine Geschichten, große Gefühle und: meine EIGENE Entwicklung.
Was nicht auf Insta ist, ist trotzdem da
Als freiberufliche Selbständige bin ich nicht nur Fotografin. Ich bin Projektmanagerin, Buchhalterin, Redakteurin, Webdesignerin inkl. SEO-Strategin, Kundenbetreuerin, Beraterin, Ideengeberin, Marketingverantwortliche, Grafikerin, Technikverantwortliche, Analystin, Datensicherungsexpertin, und Motivationscoach in einem. Das alles füllt locker meine Tage – und lässt für mich irgendwie zu wenig Raum für „mal eben ein Reel drehen“.
Ich habe riesen Respekt vor allen, die das schaffen und sich regelmäßig sichtbar machen, ich bewundere das total und wünschte mir so oft, mir davon ein Scheibchen abschneiden zu können. Manchmal hab ich sogar meine Momente, wo ich dann plötzlich im Flow bin – aber ich bin einfach keine Social-Media-Maus. Ich brauche viel Ruhe. Ich will auch mal arbeiten, ohne dabei an Content zu denken.

Ich vergesse, mich selbst zu filmen
Während andere mit der Frontkamera plaudern, ihre Follower live ins Shooting oder ins Homeoffice mitnehmen, stehe ich ’nur‘ im echten Leben: Ich stimme Termine ab, schreibe E-Mails, sortiere Bilder, bearbeite Reportagen, fahre zu Shootings oder bin einfach ganz bei den Menschen, die ich fotografiere.
Was dabei oft auf der Strecke bleibt? Die Dokumentation davon. Ich vergesse einfach auch regelmäßig, mein Handy rauszuholen. Vor allem wenn ich mit einer Familie am Strand bin oder ein Hochzeitspaar begleite, dann liegt mein Fokus auf ihnen. Und dann bin ich wieder zu Hause und frage mich, wieso ich nicht davor oder danach wenigstens IRGENDWAS kleines für Insta gefilmt habe. Ich habe mir inzwischen eingestanden, dass ich das einfach nicht bin. Und wahrscheinlich auch nicht mehr werde.
Ich poste, wenn ich etwas zu sagen oder zu zeigen habe. Ich will, dass das, was ich teile, echt ist – so wie meine Fotos. Kein Algorithmus, kein Trendsprint, kein „muss ich jetzt auch machen, weil alle es tun“.
Instagram hat natürlich auch seine tollen Seiten
Was ich an Instagram liebe: die Möglichkeit, mit Menschen in Kontakt zu kommen. Die schönen Nachrichten, das Teilen von echten Geschichten, die Rückmeldungen auf meine Fotos. Ich glaube, dass echte Verbindung auf Instagram richtig gut funktioniert, wenn sie nicht künstlich ist. Ich mag es, dass ich zumindest von Zeit zu Zeit wirklich recht schnell mal eben ein paar aktuelle Auszüge meine Arbeit zeigen kann. Und ich liebe es natürlich, mich von einigen großartigen KünstlerInnen inspirieren zu lassen und manchmal verliere ich mich halt auch einfach gern in unterhaltsamen Reels. Aber dieses Doomscrolling ist für mich auch super gefährlich, weil dabei so viel wertvolle Zeit flöten gehen kann…
Social Media ist ein Werkzeug, aber kein Maßstab für Wert oder Erfolg
Ich glaube, man kann sich schnell darin verlieren sich von Zeit zu Zeit zu sehr daran zu messen, wie präsent man auf Instagram ist. Wie viele Follower man hat, wie viele Herzen unter dem letzten Bild stehen, wie viele Storyviews man bekommt. Ich ertappe mich zumindest immer wieder mal dabei, selbst solche Gedanken zu haben. Aber Erfolg in meiner Branche misst sich nicht vorrangig in Likes. Sondern in glücklichen Kund*innen, in erfüllenden Momenten bei der Arbeit, in Bildern, die berühren. In einem Leben, das sich gut anfühlt – nicht in einem, das sich gut verkaufen lässt.
Für mich bedeutet Erfolg: Menschen mit meinen Bildern zu berühren. Für andere da zu sein. Momente einzufangen, die bleiben. Vertrauen aufzubauen, auch ohne tägliche Storys. Ich habe keine riesige Reichweite, aber ich habe Kund*innen, die mir schreiben, wie sehr sie sich in meinen Bildern wiederfinden. Ich begleite Familien über Jahre hinweg, sehe Kinder aufwachsen, Paare heiraten, kleine Alltagsmomente groß werden. Das ist mein Maßstab. Nicht die Zahl unter einem Reel.
Ich will Instagram nutzen – nicht mich davon benutzen lassen. Ich will sichtbar sein, ja. Aber nicht auf Kosten meiner Energie, meiner Qualität oder meiner inneren Ruhe. Ich möchte Raum für meine Kreativität haben, ohne sie in eine Content-Schablone pressen zu müssen. Ich poste daher inzwischen nur noch, wenn ich irgendwie der Meinung bin, etwas zu sagen zu haben. Ich teile, wenn ich etwas teilen möchte. Und manchmal bin ich für längere Zeit offline und bei den Menschen vor meiner Kamera. Bei dem, was zählt. Bei euch.
Fazit für mich: Weniger Reel mehr Real
Wenn es auf Social Media mal still ist – und das ist es bei mir immer wieder – bedeutet das: Ich bin voll und ganz bei einem Shooting. Bei der Bildauswahl. Im Austausch mit Kund*innen. Ärgere mich mit meinem Steuerkram und der unbegründeten Angst vorm Finanzamt. Arbeite an meiner Website. Reinige meine Technik. Mache Updates und Backups.
Vielleicht bin ich aber auch einfach mal vor der Tür, atme Rügens frische Brise und marschiere mit meinem Hund durch den Wald. Ohne Handy.
PS: Wenn ihr Lust habt, mehr von meiner Arbeit zu sehen, stöbert gern noch ein bisschen durch meine Website oder schreibt mir direkt. Ich freu mich auf unseren Austausch.